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Mademoiselle Chambon

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„Mademoiselle Chambon“ // Deutschland-Start: 12. August 2010 (Kino) // 25. Februar 2011 (DVD)

Inhalt / Kritik

Das Leben von Jean (Vincent Lindon) ist einfach aber glücklich. Gemeinsam mit seiner Frau Anne-Marie (Aure Atika) und seinem Sohn Jérémy (Arthur Le Houérou) lebt er in einer südfranzösischen Kleinstadt, wo er als Maurer arbeitet. Als er eines Tages Jérémy von der Schule abholt, läuft er dessen Lehrerin Véronique Chambon (Sandrine Kiberlain) das erste Mal über den Weg. Es wird nicht das letzte Mal bleiben, immer wieder begegnen sich die zwei. Mal zufällig, mal auch nicht. Irgendwann fragt sie ihn, ob er seinen Beruf nicht einmal in ihrer Klasse vorstellen mag. Beide fühlen sich dabei schnell zueinander hingezogen, wissen aber nicht wirklich, was sie mit diesen Gefühlen anfangen sollen. Vor allem für Jean ist die Situation schwierig, will er doch sein Familienglück nicht aufs Spiel setzen …

Das Kreuz mit der Affäre

Wenn es in US-amerikanischen Filmen zu Affären und Ehebrüchen kommt, wird es oft dramatisch. Es gibt sogar eine ganze Reihe von Thrillern, bei denen das Unglück direkt auf diese Untreue zurückzuführen ist. Französische Filme sind da oft etwas ambivalenter, weniger auf Urteile aus. So waren dieses Jahr An einem schönen Morgen und Tagebuch einer Pariser Affäre gerade deswegen so bemerkenswert, weil die jeweiligen Affären so beiläufig erzählt werden. Auch bei dem einige Jahre zuvor veröffentlichten Mademoiselle Chambon ist Zurückhaltung angesagt. Da werden keine Teller durch die Gegend geworfen oder Schreiduelle gestartet. Stattdessen ist das französische Drama ganz leise, lässt vieles sogar unausgesprochen.

Schon bei den ersten Begegnungen der beiden Hauptfiguren verlässt sich Regisseur und Co-Autor Stéphane Brizé (Streik, Ein Leben) ganz auf die darstellerische Kraft seines Ensembles. Wenn sich Jean und Véronique das erste Mal begegnen, wird nicht so wahnsinnig viel gesprochen. Auch später liegt bei Mademoiselle Chambon der Fokus auf einer nonverbalen Kommunikation – nicht zuletzt, weil die beiden gar nicht wissen, was sie dazu zu sagen haben. Vincent Lindon, mit dem der Filmemacher schon mehrfach zusammengearbeitet hat, ist für eine solche Rolle ideal. Aber auch Sandrine Kiberlain, die bei vielen eher für ihre komischen Rollen bekannt sein dürfte, überzeugt als Fremde, die in sich eine Sehnsucht spürt, über die sie zunächst nicht reden mag.

Die Begegnung zweier Welten

Dabei haben sie sich umso mehr zu zeigen. Für beide bedeutet die Begegnung auch das Tor zu einer für sie unbekannten Welt. Jean erzählt in der Schule von der Freude, die er beim Bauen empfindet. Dabei, etwas Neues zu erschaffen und ein Zuhause zu erarbeiten. Sie wiederum führt ihn in die Musik ein, sei es, wenn sie selbst musiziert, oder auch mithilfe von CDs, die sie ihm ausleiht. Da trifft das Praktische auf das Künstlerische. Da trifft aber auch die Arbeiterklasse auf das Bildungsbürgertum. Insofern hat Mademoiselle Chambon durchaus auch etwas über soziale Geschichten zu erzählen, selbst wenn das nur nebenher geschieht. Der Film bleibt nahe an den Figuren, anstatt diese in einen größeren Kontext zu stellen.

Dabei ist die lose Adaption des gleichnamigen Romans von Eric Holder ein sehr melancholischer und nachdenklicher Film. Wo Geschichten über solche sich anbahnenden Affären die Beurteilung gleich mitliefern, mal verurteilend, mal aufmunternd, da ist man sich hier gar nicht so sicher, ob eine wirkliche Beziehung der beiden gut oder schlecht wäre. Auf der einen Seite ist die Begegnung für beide eine Bereicherung, ruft etwas in ihnen hervor, von dem sie selbst nicht wussten, dass es in ihnen schlummert. Aber natürlich droht auf diese Weise die bislang glückliche Familie kaputtzugehen. Etwas Sicheres aufgeben für etwas, das besser sein könnte, es aber nicht unbedingt ist? Das ist hart. Mademoiselle Chambon handelt dann auch sehr von der Unsicherheit, handelt von der Schwierigkeit des Abwägens und letztendlich davon, dass Gefühle nur schwer definiert und klassifiziert werden können.

Credits

OT: „Mademoiselle Chambon“
Land: Frankreich
Jahr: 2009
Regie: Stéphane Brizé
Drehbuch: Stéphane Brizé, Florence Vignon
Vorlage: Eric Holder
Musik: Ange Ghinozzi
Kamera: Antoine Héberlé
Besetzung: Vincent Lindon, Sandrine Kiberlain, Aure Atika, Jean-Marc Thibault, Arthur Le Houérou, Bruno Lochet, Abdallah Moundy

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 2010 Beste Hauptdarstellerin Sandrine Kiberlain Nominiert
Beste Nebendarstellerin Aure Atika Nominiert
Bestes adaptiertes Drehbuch Stéphane Brizé, Florence Vignon Sieg
Film Independent Spirit Awards 2011 Bester ausländischer Film Nominiert

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Mademoiselle Chambon
fazit
Ohne viel Drama erzählt „Mademoiselle Chambon“ von einem verheirateten Familienvater, der Gefühle für die Lehrerin seines Sohns entwickelt. Die Romanadaption verurteilt nicht, sagt nicht, welche Entscheidung die richtige wäre. Stattdessen folgen wir zwei Menschen, die mit sich hadern, eine neue Welt kennenlernen und nicht wissen, ob sie dieser nun folgen sollen.
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