Something in the Dirt
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Something in the Dirt

„Something in the Dirt“ // Deutschland-Start: 28. September 2023 (Kino) // 25. April 2024 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Als der Barmann Levi Danube (Justin Benson) in seine neue Wohnung zieht, steht er erst einmal vor dem Nichts. Er hat keine Möbel, mit dem er sie füllen könnte. Von Dekoration ganz zu schweigen. Doch zum Glück wohnt auch der Hochzeitsphotograph John Daniel (Aaron Moorhead) in der Anlage, nachdem seine Ehe in die Brüche gegangen ist. Die beiden Männer verstehen sich auf Anhieb, rauchen eine oder hundert Zigaretten zusammen. John bietet Levi zudem an, dass er ihm einige Sachen geben könnte zum Einzug, die er eh nicht mehr braucht. Und noch etwas wird die zwei bald verbinden: So beginnt ein aus Kristall gefertigter Aschenbecher urplötzlich an zu schweben und leuchtet dabei so eigenartig. Fasziniert von dem Anblick beschließen die Nachbarn, dem Geheimnis auf die Spur zu gehen und darüber einen Film zu drehen …

Zurück zu den Indie-Anfängen

Für einen Moment sah es so aus, als hätten Fans von Justin Benson und Aaron Moorhead die beiden ungewöhnlichen Indie-Filmemacher an den Mainstream verloren. So war Synchronic inhaltlich zwar noch im Stil ihrer früheren Werke, wenn sich zwei Männer auf einen bizarren Trip begeben, der mit einer Designer-Droge zusammenhängt. Die Besetzung mit den Hollywood-Stars Anthony Mackie und Jamie Dornan zeigte jedoch den Weg in Richtung Big Budget. Danach führten sie im Auftrag von großen Streamingdiensten bei zwei Serien Regie: Archive 81 auf Netflix und Moon Knight auf Disney+, wo sie kaum mehr die Gelegenheit hatten, ihre besonderen Fähigkeiten auszuspielen und das Publikum auf Reisen mitzunehmen, bei denen der Verstand oft hilflos hinterherhechelt.

Dass sie ihre Liebe zu kleinen Filmen nicht verloren haben, beweisen sie jedoch glücklicherweise in Something in the Dirt, dem fünften gemeinsamen Langfilm der beiden. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. So haben die zwei einen Großteil der Arbeit völlig allein gemacht. Justin schrieb das Drehbuch, Aaron war für die Kamera zuständig, gemeinsam inszenierten sie den Film und übernahmen auch die Hauptrollen. Auch Schnitt und Produktion machten sie, wenngleich sie sich dabei helfen ließen. Es ist aber auch ein Film übers Filmemachen an sich. Tatsächlich ist der Film, wie das Publikum am Ende erfährt, dem Filmemachen mit Freunden gewidmet. Also das, was sowohl Benson und Moorhead wie auch ihre zwei Alter Egos tun.

Irre Schnitzeljagd durch einen Meta-Film

Die Geschichte besteht deshalb auch maßgeblich aus zwei Bestandteilen. Da geht es einerseits um zwei Männer, die Zeuge eines seltsamen Phänomens werden und versuchen, dieses irgendwie zu ergründen. Es geht aber auch darum, wie sie dieses Phänomen festhalten und verkaufen wollen. Letzteres bedeutet daher immer, dass Levi und John den Erfahrungen nicht mehr mit Offenheit begegnen, sondern dabei immer auch das Produkt vor Augen haben. Tatsächlich verschwimmen die Grenzen zwischen dem, was die beiden erleben und dem, was sie inszenieren, zunehmend. Something in the Dirt spielt dabei sogar mit den Mechanismen von Found Footage und Dokumentationen, wenn zwischendurch andere Figuren eingeblendet werden, die rückblickend die Arbeit am Film im Film kommentieren. Doch ist das dann nun Teil des Dokumentarfilms oder selbst wieder eine Inszenierung? Wie sieht es mit den allgemeinen Szenen aus? Gibt es diese überhaupt?

Das steigende Gefühl von Verwirrung entsteht aber auch dadurch, dass die Suche nach Antworten rund um das schwebende und leuchtende Artefakt zu noch mehr Fragen führt. Ehe es sich die beiden versehen, haben sie sich in eine Schnitzeljagd hineingesteigert, die sie quer durch die Stadt und auch die Zeit führt. Plötzlich wird alles zu einem Symbol, könnte jeder Zufall in Wirklichkeit eine Bedeutung haben. Aber vielleicht auch nicht. Something in the Dirt erinnert auf diese Weise an Under the Silver Lake, das vor einigen Jahren ebenfalls eine kryptische, mit viel Humor angereicherte Geschichte rund um Verschwörungstheorien erzählte. Während das dort aber mit zahlreichen Schauplatzwechseln und auch ordentlichen Schauwerten verbunden war, da ist das hier deutlich spartanischer. Die meiste Zeit über sitzen die beiden in ihrer Wohnung und unterhalten sich. Dass die Science-Fiction-Komödie, welche auf dem Sundance Film Festival 2022 Weltpremiere hatte, das Publikum spaltet, verwundert nicht. Gerade auf Genrefestivals werden sich einige langweilen.

Absurd-tragische Charakterbilder

Dabei hat der Film sehr viel zu bieten, wenn man sich auf diese sonderbare Erzählung einlassen kann. Die vielen Querverbindungen, Meta-Kommentare und plötzlichen Gedankensprünge machen Spaß, wenn man sie selbst als ein gut gelauntes Herumspinnen versteht. Gleichzeitig ist Something in the Dirt, wie auch schon The Endless zuvor, ein Film, der wahnsinnig von dem Faktor Mensch lebt. Je mehr Zeit die zwei Charaktere miteinander verbinden – und damit auch das Publikum –, umso komplexer werden sie und die Beziehung zwischen ihnen. Umso mehr verborgene Seiten kommen auch zum Vorschein. Diese schwanken zwischen absurd komisch und tragisch. Da sind schon einige Stellen dabei, an dem einem mittendrin das Lachen im Gesicht gefriert. Am Ende mag man keine großen Szenen gesehen haben oder große Erkenntnisse davongetragen haben. Der puristisch-eigenwillige Genremix zeigt aber erneut, was für ein einzigartiges Kreativgespann Benson und Moorhead sind – und viel zu gut, um sie an den Mainstream zu verlieren.

Credits

OT: „Something in the Dirt“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
Drehbuch: Justin Benson
Musik: Jimmy LaValle
Kamera: Aaron Moorhead
Besetzung: Justin Benson, Aaron Moorhead

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sundance Film Festival 2022
NIFFF 2022
Fantasy Filmfest 2022

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Something in the Dirt
fazit
Mit „Something in the Dirt“ beweisen Justin Benson und Aaron Moorhead erneut, dass sie zu den Lichtgestalten des US-amerikanischen Indiekinos zählen. Die Geschichte um zwei Nachbarn, die mit einer Doku über ein seltsames Phänomen Kasse machen wollen, wird aufgrund der sehr begrenzten Handlung sicher viele langweilen. Und doch ist die Science-Fiction-Komödie wahnsinnig sehenswert, verbindet spöttische Verschwörungstheorien mit Meta-Film-Gedankenspielen und einem zu Herzen gehenden Porträt zweier verlorener Männer.
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