Eingeschlossene Gesellschaft
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Eingeschlossene Gesellschaft

„Eingeschlossene Gesellschaft“ // Deutschland-Start: 14. April 2022 (Kino) // 30. September 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Freitagnachmittag an einem deutschen Gymnasium: Während sich die letzten Lehrer und Lehrerinnen langsam bereit machen, ins verdiente Wochenende zu gehen, klopft es an der Tür, mehrfach, ein wenig vehement sogar. Kurze Zeit später stürmt Manfred Prohaska (Thorsten Merten) herein, ein sichtlich aufgebrachter Vater, und fordert für seinen Sohn, dass er den fehlenden Punkt fürs Abitur noch bekommt. Der zuständige Lehrer Klaus Engelhardt (Justus von Dohnányi), der dem Jungen den dringend benötigten Punkt vorenthielt, denkt aber nicht daran und macht ebenso knapp wie bestimmt klar, dass sich der Fremde doch gefälligst wieder verkrümeln soll. Daraufhin zieht Prohaska eine Waffe und beschließt die Anwesenden als Geisel zu nehmen: Neben Engelhardt sind das Peter Mertens (Florian David Fitz), Heidi Lohmann (Anke Engelke), Holger Arndt (Thomas Loibl), Bernd Vogel (Torben Kessler) und die junge Referendarin Sara Schuster (Nilam Farooq). Gemeinsam sollen sie über die Zukunft des Jungen diskutieren, während Prohaska darauf achtet, dass niemand rein oder raus kann …

Streit um die Zukunft

Eigentlich ist die Schulzeit vergleichsweise kurz. Die neun bis dreizehn Jahre mögen sich währenddessen endlos anfühlen, sind angesichts der aktuellen Lebenserwartung jedoch zu vernachlässigen. Und doch dürfte es keine Phase im Leben eines Menschen geben, die ähnlich prägend ist wie die, in der er sich selbst entdeckt, den eigenen Körper und auch die Grundlagen dafür legt, wie es die nächsten Jahrzehnte weitergehen soll. Kein Wunder also, dass es Massen an Filmen gibt, die eben diesen Mikrokosmos genauer unter die Lupe nehmen. Eingeschlossene Gesellschaft tut das ebenfalls, jedoch auf eine etwas unerwartete Weise. Zwar geht es auch hier darum, wie junge Menschen – vertreten durch einen einzelnen kriselnden Schüler – geformt und vorbereitet werden. Das geschieht aber ohne die Einbeziehung des betroffenen Schülers selbst. Tatsächlich sind in dem Film fast keine Jugendlichen zu sehen.

Das hat Eingeschlossene Gesellschaft mit Frau Müller muss weg! gemeinsam, einem Film, der sich für Vergleiche geradezu aufdrängt. In beiden Fällen inszeniert Regisseur Sönke Wortmann eine Komödie, in der sich einige Erwachsene verbal die Köpfe einschlagen bei der Frage nach der richtigen Erziehung und fairen Beurteilung. Doch während es bei der 2015 erschienenen Adaption eines Theaterstücks um die Eltern ging, die sich mit einer Lehrerin anlegen, da stehen hier die Lehrer und Lehrerinnen im Mittelpunkt. Friedfertiger oder zivilisierter wird es dadurch nicht. Drehbuchautor Jan Weiler, der sein eigenes Hörspiel umarbeitete, lässt vergleichbar vergnüglich die Lage eskalieren. Irgendwann braucht es nicht einmal mehr den bedrohlichen Vater, damit im Lehrerzimmer Krieg herrscht, wenn auf engstem Raum Weltansichten aufeinanderprallen. Und Egos, jede Menge Egos.

Kampf überzogener Persönlichkeiten

Die konkrete Frage nach dem Jungen und ob er nun einen Punkt verdient hat oder nicht, rückt dadurch immer wieder in den Hintergrund. Stattdessen lässt Eingeschlossene Gesellschaft sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander los, die schon im Normalzustand nicht miteinander können. Während sich Peter Mertens betont locker gibt und mit den Schülern befreundet sein will – vor allem den Schülerinnen –, da vertreten Engelhardt und Lohmann die erzkonservative, spießige Ecke. Chemielehrer Vogel repräsentiert die unscheinbaren Nerds, die zum Außenseitertum verdammt sind. Arndt wiederum ist Opportunist und sucht unter dem Deckmantel der Nettigkeit den eigenen Vorteil. Und dann wäre da noch die Volontärin Schuster, die immer wieder respektlos von den Älteren behandelt wird und dabei eine neue Generation verkörpert, in der Frauen selbstbewusst sein dürfen.

Das ist natürlich schon mit Klischees verbunden, jeder Menge Klischees sogar. Dessen waren sich aber alle bewusst: Die überspitzten Figurenzeichnungen werden zelebriert, die Situation zunehmend ins Absurde übersteigert. Wenn man sich darauf einlassen kann und nicht erwartet, eine realistische Aufarbeitung des Berufes zu sehen, der kann jede Menge Spaß haben. Auch wenn der Film im letzten Drittel ein bisschen schwächelt, der Unterhaltungsfaktor stimmt – auch weil das Ensemble keine Scheu hat, sich selbst lächerlich zu machen. Ganz ohne Denkanstoß entlässt einen Eingeschlossene Gesellschaft dabei nicht. Auch wenn die Themen nur angeschnitten werden und konkrete Lösungsvorschläge ausbleiben, Überlegungen zu Selbstverwirklichung, individueller Verantwortung, aber auch schwierigen Erwartungen und Vereinheitlichungen finden statt. Das Publikum ist eingeladen, sich zu positionieren, ob nun als Teil des Lehrkörpers oder als Eltern, ob als direkt Betroffene oder ganz allgemein. Denn wenn es um die Suche nach dem Glück und einem eigenen Weg geht, können sie alle mitsprechen. Und streiten natürlich auch.

Credits

OT: „Eingeschlossene Gesellschaft“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Sönke Wortmann
Drehbuch: Jan Weiler
Vorlage: Jan Weiler
Musik: Martin Todsharow
Kamera: Jo Heim
Besetzung: Florian David Fitz, Anke Engelke, Justus von Dohnányi, Nilam Farooq, Thomas Loibl, Torben Kessler, Thorsten Merten

Bilder

Trailer

Interview

Wie waren seine eigenen Erfahrungen an der Schule? Und ist es heute schwieriger, seinen Lebensweg zu finden? Diese und weitere Fragen haben wir Regisseur Sönke Wortmann im Interview zu Eingeschlossene Gesellschaft gestellt.

Sönke Wortmann [Interview]

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Eingeschlossene Gesellschaft
Fazit
„Eingeschlossene Gesellschaft“ erzählt von Lehrern und Lehrerinnen, die von einem verzweifelten Vater als Geisel genommen werden, damit diese seinen Sohn durchs Abi bringen. Das Ergebnis ist eine Kammerspiel-Komödie, die maßgeblich auf den überzeichneten Figuren und ihrem Mehrfrontenkrieg basiert. Überlegungen zum Sinn der Schule und der Suche nach dem Glück gibt es aber auch, selbst wenn diese nur an der Oberfläche bleiben.
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