Auf dem Grund Das Erste ARD TV Mediathek Fernsehen
© NDR/Hager Moss Film GmbH/Christine Schroeder/Marion von der Mehden

Auf dem Grund

Auf dem Grund Das Erste ARD TV Mediathek Fernsehen
„Auf dem Grund“ // Deutschland-Start: 23. März 2022 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Eigentlich war der Anlass ein schöner, schließlich wird man nur einmal im Leben siebzig. Doch es dauert nicht lange, bis es auf der Geburtstagsfeier von Inge (Eleonore Weisgerber) zu ersten Konflikten kommt. Vor allem ihre beiden Töchter Anne (Claudia Michelsen) und Miriam (Karin Hanczewski) müssen sich an dem Tag einiges anhören, mal wieder. So richtig kippt die Stimmung aber, als Anne eine Vase aus dem Keller holen möchte und dabei auf alte Steine stößt, die sie wohl als Kind bemalt hat. Eigenartigerweise kann sie sich überhaupt nicht an diese erinnern. Ihre Mutter aber wohl umso mehr: Kaum sieht sie das Glas mit den Erinnerungsstücken, wird sie kreidebleich und stürmt davon. Die anderen Anwesenden sind peinlich von dem Vorfall berührt. Doch Anne will sich damit nicht zufriedengeben, fest davon überzeugt, dass mehr an der Sache dran ist …

Hinein in den Dreck!

Auch wenn sie einem nicht unbedingt als erstes einfallen, wenn man an Filmfeste denkt, so sind deutsche TV-Filme doch auf einigen ein fester Bestandteil. Von der Idee her ist das nicht schlecht. Wie oft kann man diese Produktionen schon auf der großen Leinwand sehen? Außerdem bietet das den Sendern die Möglichkeit, ein bisschen mehr Werbung für ihre Titel zu machen. Misstrauisch darf man jedoch offensichtlich werden, wenn nach einem Festivalauftritt der Film lange Zeit in der Versenkung verschwindet. Eine fremde Tochter tauchte beispielsweise kürzlich nach zweieinhalb Jahren wieder auf und entwickelte sich nach einem vielversprechen Einstieg immer mehr in eine Enttäuschung. Und auch Auf dem Grund, das wie der genannte Titel auf dem Filmfest Hamburg 2019 Premiere feierte, wäre besser im Giftschrank geblieben.

Dabei macht der Einstieg durchaus neugierig. Dass bei der Familie einiges im Argen liegt, das weiß man hier schon, noch bevor die eigentliche Geschichte losgeht. Zwar weiß man nicht genau, ob Inge so grauenvoll ist, weil sie es sein will oder weil sie die zwischenmenschliche Kompetenz eines bemalten Steines hat. Zumindest ist aber ersichtlich, dass das Verhältnis zwischen ihr und den Töchtern mindestens schwierig ist. Damit allein hätte man sicherlich auch einen Film füllen können. Bei einer derart dysfunktionalen Familie gibt es zumindest genügend Gesprächsbedarf. Nur hatten die Drehbuchautorinnen Susanne Schneider (Winterherz – Tod in einer kalten Nacht) und Astrid Ruppert bei Auf dem Grund mehr vor, wollten eine Geschichte, die noch düsterer ist und über die üblichen Konflikte hinausgeht. Da soll es richtig tief rein in den Dreck.

Zäh und umständlich

Bis wir dort landen, dauert es aber, da in der Familie grundsätzlich niemand mit niemandem sprechen mag. Probleme werden verschleppt, ignoriert, man redet aneinander vorbei oder beschimpft sich direkt, ganz frei von Kontexten. Angenehm ist das nicht. Überzeugend auch nicht so recht, weil die Konflikte in Auf dem Grund schon immer etwas sehr Plakatives haben. Sie entstehen selten aus der Situation heraus, sondern weil der Film will, dass es sie gibt. Dadurch hat man selten das Gefühl, wirklich in einer realen Familie unterwegs zu sein. Am Ensemble liegt das weniger. Das macht seine Sache ganz gut. Die Paarung von Claudia Michelsen (Die verlorene Tochter) und Karin Hanczewski (Bruder Schwester Herz) als Schwestern, die sich schon lieben, aber nicht richtig miteinander können, das kann sich sehen lassen.

Tatsächlich schwierig wird es, wenn Auf dem Grund sich als eine Art Mystery-Drama zu verkaufen versucht. Klar will man wissen, warum Inge am Anfang so austickt, zumal das in einem Zusammenhang mit ihrem allgemein Verhalten steht. Aber zum einen ist der Film nie so wirklich konsequent, was die Verfolgung dieses Themas angeht. So wird die Geschichte beispielsweise immer wieder unterbrochen von der Nebenhandlung rund um Miriams Tochter Juli (Anna-Lena Schwing), die sich ebenfalls von ihrer Mutter nicht verstanden fühlt. Zum Teil wird das mit dem schwierigen Verhältnis zwischen den Schwestern begründet, das wiederum aber nie wirklich erklärt wird. Wenn man schon von einer komplexen Familiendynamik erzählen möchte, dann sollte man das auch richtig machen und nicht einfach nur so ein bisschen an der Oberfläche.

Traumatisch schlecht

Die Auflösung selbst taugt leider ebenso wenig. Da wird so lange um den heißen Brei herum gesprochen, auch wenn längst klar ist, was ungefähr vorgefallen ist. Sinn ergibt das ohnehin nicht. Selbst wer etwas großzügiger ist bei dem Thema Trauma und was dies in den Menschen verursachen kann, muss viel zu viel als gegeben hinnehmen. Weder das Szenario, noch die Reaktion der Figuren sind plausibel. Das ist eine derart dümmlich konstruierte Geschichte, dass man Gefahr läuft, durch das bloße Anschauen selbst ein Trauma davonzutragen. Natürlich ist Auf dem Grund tragisch. Und natürlich können einschneidende Erlebnisse auf Jahre hinweg Menschen beeinflussen, ohne dass ihnen das im Einzelnen bewusst ist. Die Serie Funeral for a Dog zeigte kürzlich, wie diese Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart funktionieren kann, kombinierte geschickt und kunstvoll Drama und Mystery. Der ARD-Film hingegen scheitert an dieser Aufgabe, ist letzten Endes reine Zeitverschwendung.

Credits

OT: „Auf dem Grund“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Thorsten M. Schmidt
Drehbuch: Susanne Schneider, Astrid Ruppert
Musik: Christopher Bremus
Kamera: Mathias Neumann
Besetzung: Claudia Michelsen, Karin Hanczewski, Michael Wittenborn, Eleonore Weisgerber, Anna-Lena Schwing, Alexander Wüst

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Auf dem Grund
Fazit
„Auf dem Grund“ begleitet eine dysfunktionale Familie, die mit den Folgen eines dunklen Geheimnisses zu kämpfen hat. Trotz guter schauspielerischer Leistungen ist das Drama ein Totalausfall. Auflösung und Figuren funktionieren nicht, es fehlt zudem der nötige Feinschliff bei der Familiendynamik.
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