Shine – Der Weg ins Licht
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Shine – Der Weg ins Licht

Inhalt / Kritik

Shine – Der Weg ins Licht
„Shine – Der Weg ins Licht“ // Deutschland-Start: 6. März 1997 (Kino)

Schon als Kind zeigt David Helfgott (Alex Rafalowicz) großes musikalisches Talent am Klavier und nimmt an ersten Wettbewerben teil – auch auf Drängen seines Vaters Peter (Armin Mueller-Stahl), der seinen Sohn unentwegt zu Höchstleistungen anstachelt. Die Mühen haben sich gelohnt, als Jugendlicher stehen David (jetzt: Noah Taylor) alle Türen offen. Sogar eine Studium im fernen England scheint für den australischen Teenager möglich. Doch wo viele Möglichkeiten und viel Potenzial, da auch hoher Druck. Und so ist dem erwachsenen David (jetzt: Geoffrey Rush) nicht viel von dem ihm versprochenen Weg geblieben. Aus dem begnadeten Wunderkind ist ein psychisch angeknackster Mann geworden, der erst wieder zu sich finden muss …

Ein Leben für die Kunst

Wer es als Künstler zu etwas bringen will, der braucht einerseits natürlich Talent. Er braucht aber, zumindest in manchen Bereichen, auch sehr viel Fleiß. Da muss unentwegt an sich gearbeitet werden, bis an die Grenzen optimiert – und über diese hinaus. Denn nur wer bereit ist, sich auf dem Weg an die Spitze kaputt zu machen, hat überhaupt eine Chance, diese zu erreichen. So zumindest ist in Filmen immer wieder zu sehen, die einem solchen Umfeld spielen. Whiplash und Prélude beispielsweise zeigen jeweils ambitionierte junge Musiker, die bald schon einem geradezu unmenschlichen Druck ausgesetzt sind und konstant an diesem zu zerbrechen drohen. Von Lebensfreude ist da nicht mehr viel zu spüren, der Wahnsinn hat seine Opfer gefordert.

In Shine – Der Weg ins Licht gibt es eine ähnliche Geschichte um ein musikalisches Nachwuchstalent, welches eine ganze Menge zu ertragen hat, mehr als einem Menschen unter normalen Umständen zustehen würde. Doch trotz der thematischen Ähnlichkeit gibt es einige gravierende Unterschiede zwischen diesem Film und den beiden oben genannten. Zunächst einmal ist David Helfgott keine Kunstfigur. Regisseur und Co-Autor Scott Hicks erzählt mit seinem Drama eine zwar abgeänderte, im Grunde aber wahre Geschichte. Der zweite Punkt ist die Erzählstruktur. Solche künstlerischen Entwicklungsfilme gehen normalerweise chronologisch vor und enden an einem Wendepunkt, zu dem die dramaturgische Zuspitzung ihren Gipfel erreicht. Man soll schließlich aufhören, wenn es am Schönsten ist. Oder am Schlimmsten.

Auf der Suche nach den Puzzleteilen

Shine – Der Weg ins Licht fängt nach diesem Gipfel an. Genauer beginnt der Film damit, dass ein manisch dreinblickender Geoffrey Rush rastlos umherrast und man schon den Eindruck hat, dass da jemand einen Serienmörder losgelassen hat. Bis der sich an ein Klavier setzt und spielt und ein anderer Mensch zu werden scheint. Das ist ein starker Einstieg, Hicks wirft bewusst Fragen auf, welche das Publikum neugierig machen. Wer ist dieser Mann? Warum verhält er sich so komisch? Was ist seine Geschichte? Im Anschluss springt das Drama zurück, erzählt von den Anfängen des sich entwickelnden Musikers. Dabei bleibt der Film jedoch fragmentarisch, arbeitet mit vielen Puzzlestücken, die nach und nach zusammengesetzt werden und so das Bild eines etwas anderen Lebens ergeben.

Bedeutsam ist bei diesem Bild, auch das ist ein Unterschied zu den meisten Künstlerporträts, nicht nur der Künstler selbst. Vielmehr findet sich auf jedem einzelnen dieser Teile der Schatten des übergroßen Vaters. Der wiederum ist selbst geprägt von seiner Vergangenheit, genauer der sich aus dem Holocaust ergebenden Familientragödie. Shine – Der Weg ins Licht beschreibt hier eine zutiefst komplexe Figur, widersprüchlich in ihrer Mischung aus Liebe und Grausamkeit. Peter ist ein verbissener Mann, der von seinem Sohn erwartet, besser und erfolgreicher als alle anderen zu sein, der in ihm gewissermaßen seinen eigenen Lebenssinn wiederzufinden erhofft. Er muss siegreich sein, muss triumphieren, um nicht von dem eigenen Trauma eingeholt zu werden.

Beeindruckende De- und Rekonstruktion

Shine – Der Weg ins Licht ist dann auch die Geschichte eines Triumphes, wenn wir David durch ein jahrelanges auf und ab begleiten. Durch finstere Momente, sei es mit dem Vater, der seine verinnerlichten Horrorgeschichten nicht los wird, oder auch beruflich, wenn der Druck zu groß wird und der mangelnde familiäre Halt zum Verhängnis. Das ist packend gespielt, Rush erhielt seinerzeit nicht grundlos den Oscar als bester Hauptdarsteller. Er lässt David beeindruckend auseinanderbrechen und baut diesen wieder neu zusammen, zeigt wie auf den Trümmern der Vergangenheit wieder etwas entstehen kann. Das kommt ohne den Kitsch aus, den solche Dramen zuweilen zelebrieren, ist ein Mutmacher, der auf die üblichen Kalendersprüche verzichtet. Am Ende wurde nicht die große Karriere draus, die gerne mal Biopics inspiriert, die Umstände haben dies nicht zugelassen. Und doch hat es etwas Tröstliches, wie sich der Mann hier in seiner Musik verlieren kann und sich auf diese Weise von seiner Opferrolle befreit.

Credits

OT: „Shine“
Land: Australien
Jahr: 1996
Regie: Scott Hicks
Drehbuch: Scott Hicks, Jan Sardi
Musik: David Hirschfelder
Kamera: Geoffrey Simpson
Besetzung: Geoffrey Rush, Armin Mueller-Stahl, John Gielgud, Lynn Redgrave, Noah Taylor, Alex Rafalowicz, Googie Withers, Sonia Todd

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1997 Bester Film Nominierung
Beste Regie Scott Hicks Nominierung
Bester Hauptdarsteller Geoffrey Rush Sieg
Bester Nebendarsteller Armin Mueller-Stahl Nominierung
Bestes Original-Drehbuch Jan Sardi, Scott Hicks Nominierung
Beste Musik David Hirschfelder Nominierung
Bester Schnitt Pip Karmel Nominierung
BAFTA 1997 Bester Film Nominierung
Beste Regie Scott Hicks Nominierung
Bester Hauptdarsteller Geoffrey Rush Sieg
Bester Nebendarsteller John Gielgud Nominierung
Beste Nebendarstellerin Lynn Redgrave Nominierung
Bestes Original-Drehbuch Jan Sardi Nominierung
Beste Musik David Hirschfelder Nominierung
Bester Ton Jim Greenhorn, Toivo Lember, Livia Ruzic, Roger Savage, Gareth Vanderhope Sieg
Bester Schnitt Pip Karmel Nominierung
Golden Globes 1997 Bester Film (Drama) Nominierung
Beste Regie Scott Hicks Nominierung
Bester Hauptdarsteller (Drama) Geoffrey Rush Sieg
Bestes Drehbuch Jan Sardi Nominierung
Beste Musik David Hirschfelder Nominierung

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„Shine – Der Weg ins Licht“ erzählt, basierend auf einer wahren Geschichte, wie ein musikalisches Wunderkind am Druck und der tragischen Familiengeschichte zerbricht. Das fragmentarische Drama zeigt dabei, wie sehr wir zum Opfer unserer Umstände werden können, aber auch, dass es möglich ist, dies hinter sich zu lassen. Das ist gerade wegen der schauspielerischen Leistung sehenswert, welche das komplexe Verhältnis zum widersprüchlichen Vater erst möglich macht.
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