Zimmer 301 Man in Room 301 Arte
© Warner Bros. International Television Production Finland

Zimmer 301

Inhalt / Kritik

Zimmer 301 Man in Room 301 Arte
„Zimmer 301“ // Deutschland-Start: 23. September 2021 (Arte)

Eigentlich wollte Familie Kurtti nur mal richtig schön gemeinsam Urlaub in Griechenland machen, schließlich sieht man sich inzwischen nur noch selten. Doch schon im Vorfeld kriselt es. Als Großvater Risto (Antti Virmavirta) und sein Sohn Seppo (Jussi Vatanen) sich am Grab von Seppos Sohn Tommi sehen, der zwölf Jahre zuvor ums Leben gekommen ist, werden noch einmal alte Wunden aufgerissen. Am Ende entscheidet sich Seppo, die Familie nicht zu begleiten, zu nahe gehen ihm die gemeinsamen Erinnerungen. Aber auch bei den anderen wie Seppos Bruder Mikko (Andrei Alén) ist die Stimmung angespannt. Umso mehr als sie im Hotel einen jungen rothaarigen Mann sehen, der sie an Elias Leppo (Viljami Lahti) erinnern, einen Nachbarsjungen von früher …

Der ganz alltägliche Abgrund

Bei nordeuropäischen Produktionen kann man sich praktisch immer sicher sein: Das wird jetzt irgendwie düster. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um skandinavische Thriller handelt, die einige Jahre en vogue waren, oder schwere Familiendramen. Selbst bei Komödien finden sich oft richtige Abgründe. Insofern passt Zimmer 301 da richtig gut ins Schema. Ausgedacht wurde die Serie zwar von Kate Ashfield und hätte ursprünglich auch in England spielen sollen. Am Ende wurde sie aber nach Finnland verlegt mit einem entsprechendem Ensemble und zeigt uns, wie es selbst bei Mittsommer-Festen, wenn die Sonne kaum untergeht, so richtig zappenduster werden kann. Von der Urlaubsdestination Griechenland ganz zu schweigen, wo eine äußere Idylle auf innere Abgründe stößt.

Bis die Ausmaße dieser Abgründe erkennbar werden, dauert es jedoch eine ganze Weile. Das liegt auch an der Erzählweise: Die auf Arte ausgestrahlte Serie wechselt ständig zwischen zwei Zeitebenen hin und her. Während die Haupthandlung im Jahr 2019 stattfindet, kehren wir immer wieder ins Jahr 2007 zurück. Das Jahr, in dem sich die große Tragödie abspielte. Wobei Zimmer 301 auch in der Hinsicht mit Informationen zunächst knausert. Dass Seppos Sohn Tommi ums Leben gekommen wird, das wird zwar schon früh klar, schließlich stehen wir zu Beginn der Geschichte an seinem Grab. Die genauen Umstände zu seinen Tod werden jedoch eine ganze Weile unter Verschluss gehalten. Erst nach und nach werden die Einzelheiten des Schicksalsschlages mit dem Publikum geteilt.

Die langsame Annäherung an die Wahrheit

Das ist zum einen natürlich das kleine Einmaleins von Mysterythrillern: Es geht schließlich darum, den Zuschauern und Zuschauerinnen immer nur so kleine Häppchen anzubieten, dass es neugierig dabei bleibt und auf mehr wartet. Aber es passt hier auch inhaltlich, da Zimmer 301 die Geschichte einer komplett dysfunktionalen Familie erzählt. Da werden Erinnerungen beispielsweise an die dänische Serie Die Erbschaft oder auch Eine Hochzeit mit Folgen aus Schweden wach. Eigentlich kann hier niemand miteinander, was aber nur deshalb nicht öffentlich ist, weil Kommunikation keine Fertigkeit dieser Zweckgemeinschaft ist. Da wird lieber geschwiegen, gerne auch mit einer passiv-aggressiven Art. Erst durch die äußeren Umstände dazu gezwungen beginnen sie sich zu öffnen und die Verletzungen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, zu benennen.

Dadurch ist Zimmer 301 über weite Strecken mehr Drama als Thriller, obwohl da durchaus eine Gefahr lauert. Der Nachteil der langsamen, scheibchenweisen Annäherung an die Vergangenheit: Es dauert schon recht lange, bis klar ist, worin die Bedrohung besteht, die angedeutet wird. Dass da etwas passieren könnte, wird zwar schon verraten. Es überträgt sich aber nicht so recht auf die Atmosphäre, dafür ist das alles zu vage. Die Spannung besteht mehr darin zu erfahren, worum es geht, als darin, was noch geschehen könnte. Erst spät nimmt die Serie Fahrt auf, sicher zu spät für so manchen Genrefan. Dafür überschlagen sich die Ereignisse dann aber auch schnell, was wiederum nicht unbedingt der Glaubwürdigkeit zugutekommt.

Sehenswertes zu Schuld und Sühne

Doch trotz der Schwächen in der inhaltlichen Gewichtung, das Ergebnis ist insgesamt sehenswert und packend. Das Ensemble verkörpert die Familie als echte Horrorvorstellung, irgendwo zwischen tragisch und abscheulich. Tatsächliche Sympathieträger muss man hier schon recht lange suchen. Zimmer 301 ist damit ein Fest für Leute, die sich gerne solche zwischenmenschlichen Abgründe ansehen und ganz Ohr sind, wenn es um böse Familiengeheimnisse geht, die irgendwo ausgebuddelt werden. Hinzu kommen die immer wieder gern bearbeiteten Themen Schuld und Sühne. Denn von Ersterer gibt es hier jede Menge, dazu die Erkenntnis, dass man dieser nicht einfach entkommen kann. Zwölf Jahre nach dem großen Ereignis sind sie alle noch von diesem verfolgt, gleich in welcher Beziehung sie dazu standen, sind Opfer von einander und sich selbst geworden.

Credits

OT: „Huone 301“
IT: „Man in Room 301“
Land: Finnland
Jahr: 2019
Regie: Mikko Kuparinen
Drehbuch: Kate Ashfield
Musik: Antony Bentley
Kamera: Max Smeds
Besetzung: Antti Virmavirta, Kaija Pakarinen, Jussi Vatanen, Leena Pöysti, Andrei Alén, Kreeta Salminen, Viljami Lahti, Elias Gould, Eliel Lahdensuu, Oliver Lahdensuu

Bilder

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„Zimmer 301“ begleitet eine Familie in den Urlaub, wo sie von einem vergangenen Trauma wieder eingeholt wird. Die Serie ist über weite Strecken ein Drama voller Geheimnisse und Abgründe, die sich erst nach und nach offenbaren. Erst spät folgt der Wechsel zum Thriller. Von der Mischung her stimmt das nicht ganz, insgesamt ist das hier aber schon sehenswert und spannend.
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