Kultourhelden
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Kultourhelden – Vom Ende einer Ära

Inhalt / Kritik

„Kultourhelden – Vom Ende einer Ära“ // Deutschland-Start: 5. August 2021 (Kino)

In den letzten Jahren gehörte es zu den Themen, die weltweit Filmfans und Feuilletons beschäftigten: das Aussterben der traditionellen Kinos. Während große Multiplex-Ketten sich noch irgendwie über Wasser halten, sind es gerade die kleinen und mittleren Häuser, die schließen mussten. Zwar wird dagegen kräftig protestiert und Unterschriftenaktionen gestartet, wie etwa beim Gabriel in München, einem der ältesten Kinos der Welt. Gebracht hat es wenig. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So ist beispielsweise zu beobachten, dass es immer wenig mittelgroße Filmproduktionen gibt, sich das Angebot zunehmend in Indiewerke und Blockbuster aufspaltet. Und natürlich hat die Möglichkeit, Filme bequem daheim zu streamen, vieles verändert. Wird eine nachwachsende Generation, die es gewohnt ist, sich Videos auf kleinen Smartphonebildschirmen anzuschauen, überhaupt noch das Bedürfnis nach einer großen Leinwand haben? Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, kam dann auch noch die Corona-Pandemie und damit monatelange Kinoschließungen.

Einmal Kino zum Mitnehmen, bitte

Kultourhelden – Vom Ende einer Ära nimmt auf diese erzwungenen Kinoschließungen Bezug, setzt aber früher an. Denn während in den Städten darum gebangt wurde, ob es nach dem Lockdown noch Kinos geben würde, da sind diese in vielen Dörfern und Gemeinden längst Geschichte. Doch es gibt Alternativen zum traditionellen, stationären Kino, die sogenannten Wanderkinos. Dabei handelt es sich weniger um einen Ort als vielmehr ein umherreisendes Filmprogramm. Wo kein Platz, kein Bedarf oder kein Geld für ein reguläres Lichtspielhaus ist, da werden einfach andere Plätze vorübergehend zu einem umgewandelt. Das kann das Open-Air-Kino sein, das im Sommer selbst in den Großstädten viel Zulauf erhält. Aber es können auch irgendwelche Gemeindehäuser sein. Alles, wo man eine Leinwand aufbauen und sich davor zusammensetzen kann.

Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Zu den vielen interessanten Anekdoten, welche Gerhard Göbelt und Klaus Friedrich zu erzählen haben, gehören auch Vorführungen von Horrorfilmen in einem Steinbruch oder der Ausflug mit einem Schiff, welches zu einem vorübergehenden Kino umfunktioniert wurde. Doch der Ort ist nur ein Aspekt des Dokumentarfilms. Kultourhelden – Vom Ende einer Ära begleitet die beiden Männer, die seit Jahrzehnten schon solche Wanderkinos betreiben, ganz allgemein bei ihrer Arbeit. Lässt sie erzählen, was sie genau da eigentlich tun und wie das überhaupt funktioniert. Dabei deckt Regisseur Wolfram Hannemann alle möglichen Themen ab von der Auswahl der passenden Filme über den Ärger mit Verleihen, die lieber die regulären Abspielstationen beliefern wollen, bis zu Hindernissen, welche die Behörden für sie bereithalten.

Eine ungewisse Zukunft

Besonders spannend, zumindest für ein filmaffines Publikum, ist die historische Komponente von Kultourhelden – Vom Ende einer Ära. Eben weil Göbelt und Friedrich schon seit Jahrzehnten Filme durch die deutsche Provinz reisen lassen, haben sie einen Blick für die Entwicklungen in der Branche. Wenn die beiden beispielsweise aus einer Zeit erzählen, als noch Filmrollen durch die Gegend getragen werden mussten, darf man ebenso nostalgisch werden wie bei den Erinnerungen an die Hits von früher, die hier Erwähnung finden. Der Blick in die Zukunft ist da mit weniger Freude verbunden, eher einer Mischung aus Sorge und Ratlosigkeit. Wenn schon das Ende der traditionellen Kinos heraufbeschworen wird, wie sieht es dann bei den Verwandten des Wanderkinos aus? Wenn die beiden über kurz oder lang in Rente gehen, ist nicht sicher, ob sich jemand finden wird, der ihre Arbeit fortsetzt.

Wie sehr die beiden das Thema umtreibt, ist deutlich zu spüren. Hier sind zwei Leute, die nicht einfach nur einen Job machen, sondern in ihrer Tätigkeit einen echten Sinn sehen, eine Berufung, und mit entsprechend viel Begeisterung erzählen. Was bei Kultourhelden – Vom Ende einer Ära dem Titel entsprechend etwas fehlt, ist eine Perspektive, wie es denn in Zukunft weitergehen könnte. Denn während dem Wanderkino einige der Stärken des regulären Kinos fehlen, darunter die Aktualität der Filme und die technische Ausstattung, hat es andere, die es zu etwas Besonderem machen. Gerade die angesprochenen Beispiele in einem Steinbruch oder auf einem Schiff betonen den Erlebnischarakter des gemeinsamen Ansehens. Hier geht es eben nicht nur um das Schauen an sich. Film wird hier zu einem Event, wie es auch bei stationären Lichtspielhäusern zunehmend gesucht wird, um sich vom Netflix-Berieseln zu unterscheiden. Bislang bleibt es zwar bei einer Suche. Aber noch heißt es hier „Fortsetzung“ folgt. Der letzte Vorhang ist noch nicht gefallen – auch weil es den bei Wanderkinos, die zwar vertraut und doch irgendwie einen ganz eigenen Charme haben, einen Vorhang zwangsläufig gar nicht gibt.

Credits

OT: „Kultourhelden – Vom Ende einer Ära“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Wolfram Hannemann
Drehbuch: Wolfram Hannemann
Musik: Robert Berger
Kamera: Wolfram Hannemann, Hans-Joachim Pulli

Trailer

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„Kultourhelden – Vom Ende einer Ära“ begleitet zwei Männer, die seit Jahrzehnten schon mit ihren Wanderkinos durch Deutschland tingeln. Der Dokumentarfilm gewährt dabei einen Einblick in eine vielen so nicht bekannte Arbeit, ist aber vor dem Hintergrund des Kinosterbens auch als Gesamtbeobachtung des Filmmarkts interessant und unterhält dabei mit vielen Anekdoten.
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